ITFS 2019: Max Hattler in Persona
6. May 2019
ITFS 2019: Max Hattler in Persona
6. May 2019
Internationales Trickfilmfestival Stuttgart, 30. April bis 5. Mai 2019
Eine Postkarte von Christian Gasser
Max Hattler (*1976) ist ein deutscher Animationsfilmer und Medienkünstler, der sich seit seinen Anfängen mit Vorliebe in Grenzbereichen tummelt: Zwischen Animationsfilm und Kunst, zwischen Narration und Abstraktionen, zwischen politischen Aussagen, psychedelischen Trips und meditativen Visionen, zwischen Bildschirm, expanded Out-of-Home-Leinwänden und Performance, zwischen Bild, Bewegung und Musik. An dementsprechend vielen und unterschiedlichen Orten tauchen seinen Arbeiten auf, in bedeutenden Museen ebenso wie an Animationsfilmfestivals und anderen Kunsthappenings. Es sind experimentelle Filme von hoher Eleganz und einem scharfen Sinn für Formen, Bewegung und Rhythmus, die ausserdem sehr unterschiedlich sind – Max Hattler wiederholt sich nicht gerne, sondern geht lieber in viele Richtungen vorwärts.
Nach einem langen Aufenthalt in London, wo er u.a. am Royal College of Art einen Master in Animation machte, lebt, schafft und lehrt er nun seit einigen Jahren in Hong Kong.
Im Rahmen eines “In Persona” am ITFS 2019 – das dieses Jahr einen Fokus auf Hong Kong richtete, präsentierte Max Hattler einen knapp einstündigen Querschnitt durch sein Schaffen und stellte sich den Fragen des Publikums.
Seine Einflüsse:
Offensichtlich haben mich die frühen deutschen Protagonisten des experimentellen Animationsfilms und des absoluten Films beeinflusst, Leute wie Hans Richter, Walter Ruttmann, Oskar Fischinger. Sie erforschten Ideen rund um das abstrakte Bild, sie strukturierten die Zeit und den Rhythmus des Films nach musikalischen Prinzipien. Cartoons haben mich nie interessiert, ebenso wenig wie andere Formen narrativer Animationsfilme. Ursprünglich komme ich von der Musik her, und als ich den absoluten Film und seine Nähe zu musikalischen Strukturen entdeckte, fühlte ich mich da sofort zuhause. Andere Einflüsse sind natürlich die Westcoast-Typen wie John Whitney und ihre visuelle psychedelischen Trips. Auch die DJ- und VJ-Kultur der 1990er Jahre ist mir nahe. Nicht zuletzt interessieren mich auch die optischen Medien des 19. Jahrhunderts, die bewegten Bilder aus der Zeit vor dem Kino. Das sind Referenzen, mit denen ich gerne arbeite – in der Hoffnung, etwas Neues damit anzustellen.
Was steht am Anfang eines Projekts: Ein Konzept? Ein Thema? Ein visuelles Element? Sound und Musik?
Alles ist möglich, das ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Ich habe immer einen Ausgangspunkt, das kann eine Form sein, eine Farbe, ein Sound, ein Thema, und dann erforsche ich es. Ich weiss nie, wohin genau ich mich bewege, bis das Projekt abgeschlossen ist.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit anderen, wenn man sein Ziel nicht kennt?
Das kann tatsächlich schwierig sein. Ich kann nur mit Leuten zusammenarbeiten, die meine Art des Vorgehens verstehen – und auch selber gerne so arbeiten. In der Regel gebe ich die wesentlichen Parameter vor und sage meinen Mitarbeitern: Versucht mal etwas aus. Viele Projekte entstehen im Rahmen von Workshops oder auch an den Hochschulen, an denen ich unterrichte. Da ist diese Form der Arbeit natürlich einfacher zu vermitteln, als wenn ich ein Team aus Profis zusammenstellen würde, die ich bezahlen müsste.
Warum arbeitet er nicht immer allein?
Ich arbeite gerne ganz allein, aber die Animation ist dermassen arbeitsintensiv, dass es sinnvoll ist, gewisse Arbeiten aufzuteilen oder abzugeben, um nicht monate- und jahrelang im selben Projekt steckenzubleiben. Andererseits bin ich manchmal auch dankbar um den Input, der von Mitarbeitenden kommt. Die Zusammenarbeit ist aber nicht immer selbstverständlich und einfach, da ich doch als Autor meine Visionen verwirklichen will.
Gewisse Arbeiten basieren auf fotographischen Vorlagen, andere entstehen ganz im Computer. Wo liegt da der Unterschied?
Das ist ein konzeptioneller Entscheid. Wenn ich einen Film über Hong Kong mache, will ich Hong Kong nicht im Computer nachbauen, sondern mich mit dem realen Hong Kong auseinandersetzen. In anderen Filmen hingegen will ich von Grund auf eine eigene (Bild-)Welt schaffen.
Es gibt zwei Typen von Abstraktion: Erstens die Abstraktion von etwas, zum Beispiel die Abstraktion einer realen Vorlage, der Realität, der realen Welt. Zweitens gibt es die digitale Abstraktion, die nicht von einer realen Vorlage ausgeht, sondern etwas ganz Anderes schafft.
Grundsätzlich gefällt es mir, Ansätze zu vermischen. Mit After Effects zu arbeiten, ist toll. Wenn ich aber zu lang in After Effects war, beginne ich, die reale Welt und die Materialität von Fotografien zu vermissen.
Christian Gasser
Links:
Max Hattler Homepage
Max Hattler auf YouTube
https://www.youtube.com/channel/UCaYhH3F6iB3KyW3afTHk5XA
Max Hattler auf Vimeo