“Packt eure Chance!” ein Alumni-Interview mit Nicolas Briellmann
30. November 2021 • Caroline Laville mit Nicolas Briellmann
“Packt eure Chance!” ein Alumni-Interview mit Nicolas Briellmann
30. November 2021 • Caroline Laville mit Nicolas Briellmann
Ich hatte im November die Möglichkeit, mit Nicolas Briellmann zu sprechen. Er hat im Sommer 2021 die Schule abgeschlossen und ist bereits in einem tollen Job gelandet. Ich habe mich mit ihm über Zoom getroffen und ein bisschen über ihn und seinen neuen Beruf geredet.
- Caroline: Erzähle mir ein wenig von dir.
Nicolas: Mein Name ist Nicolas. Ich bin 23 Jahre alt. Ich habe in Luzern studiert und 2021 abgeschlossen. In meiner Freizeit spiele ich gerne Badminton und Reise gerne. Ich arbeite als Character Layout Artist bei Sluggerfilm, ein Studio von Malmö.
- Was macht man als Character Layout Artist? Was ist spezifisch an Layout Posing?
Als Character Layout Artist erhält man das Storyboard und das Background-Layout eines Projekts und erstellt dann Key-Posen für die Animation. Das Ziel ist es, den Animator:innen eine gute Grundlage zu geben in Hinsicht auf Acting, Character Model, Timing und Character Layout. Normalerweise ist der Beruf als Animator:in der direkte Einstieg in die Industrie. Character Layout Artist ist dann oft einer der nächsten Schritte, welche man angehen kann. Ironischerweise würde ich lieber animieren, das wird bei uns aber momentan nicht in-house gemacht, sondern wir senden die Animation an ein Studio in Taiwan.
- Hast du schon immer diesen Beruf im Visier gehabt?
Nein, eigentlich nicht, aber es hat sich so ergeben und diese Chance muss man nutzen. Meine Animationsfähigkeiten sind besser als meine Fähigkeiten, gute Posen zu erstellen und das kann ich in diesem Job prima üben. Deshalb ist es definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, um besser zu werden. Mein Ziel ist es aber trotzdem, irgendwann wieder zurück zu der Animation zu finden.
- Sluggerfilm ist ein schwedisches Studio. Wie war es so, nach Schweden zu ziehen?
Ich bin froh, dass du das fragst, weil es ein riesen Stress war und sehr kurzfristig. Es ist normal in der Industrie, dass Jobs teilweise sehr kurzfristig aufkommen, es war aber doppelt kompliziert bei mir, weil ich die Wohnsitzbestätigung in der Schweiz aufgelöst habe und mich darum neu in Schweden anmelden musste. Wenn man in der Schweiz ansässig bleiben will, muss man mindestens 6 Monate im Jahr in der Schweiz leben. Ich plane aber nicht, in die Schweiz zurückzukehren, weswegen ich durch den ganzen administrativen Aufwand musste. Ich bleibe jetzt 6 Monate in Schweden. Sich für 6 Monate in Schweden anzumelden, dauert etwa 6 Monate wegen Bürokratie. Sehr mühsam.
- Wie ist das Ganze mit dem Layout Job zustande gekommen?
Ich war schon einmal bei Sluggerfilm, und zwar als Praktikant im 4. Semester. Ich habe ihnen dann diesen Sommer mein Portfolio geschickt. Mehr, um zu zeigen, wo ich stehe und wie ich mich verbessert habe, als mich zu bewerben. Allgemein war Sluggerfilm mein Plan B, weil ich mich bei anderen Studios beworben habe. Jedoch gab es lange Verhandlungen und als es dann doch nicht geklappt hat, habe ich drei Wochen vor Jobstart Sluggerfilm noch einmal angefragt und sie hatten die Stelle tatsächlich noch offen.
Man muss in der Animationsindustrie definitiv spontan sein können. Jobangebote sind immer sehr spontan. Zum Beispiel wurde ich einen Monat nach dem Start bei Sluggerfilm angefragt, bei einem Kurzfilm aus Frankreich zu animieren. Da mein Vertrag allerdings 6 Monate lang dauert, musste ich absagen.
- Du hast dein Praktikum erwähnt. Wie war diese Erfahrung?
Das Beste am Praktikum war, dass ich vieles ausprobieren durfte. Es gibt diese Idee von Praktika, welche ihre Praktikanten quasi versklaven und ihnen nur die Aufgaben weitergeben, welche niemand erledigen will. Das war bei mir gar nicht der Fall. Sie haben mir die Wahl überlassen, welche Bereiche ich mir anschauen möchte und mich darin vertiefen will. Ich habe mich für Animation und auch etwas Background Layouting entschieden. Ich durfte auch die administrative Seite von Produktionen sehen, also eher die Production-Manager-Seite. Von denen gibt es übrigens viel zu wenig.
Was ich auch genossen habe, war das ganze Soziale am Praktikum. Ein Praktikum kann super sein, aber wenn die Chemie zwischen dem Studio und einem selber nicht stimmt, ist die Erfahrung nicht sehr wertvoll. Doch wenn es stimmt, ist es wichtig, dass man sich anspornt und sich mit seinen Kollegen austauscht.
Rückblickend kann ich sehr positiv von meinem Praktikum berichten.
- Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei dir aus?
Mein Tag startet um 7:30 Uhr. Da feile ich vor der Arbeit normalerweise ein bisschen an meinen Skills.
Um 9:00 Uhr fängt dann der Alltag als Character Layout Artist an. Es beginnt mit einem Meeting mit meinem Supervisor. Wir besprechen die Schwierigkeiten des Layouts, an dem ich arbeiten werde. Das können spezielle Props sein, Dinge die falsch laufen könnte beim Umsetzen oder schwierige Perspektiven. Wir probieren zusammen Probleme vorauszusehen und diesen vorzubeugen. Dann arbeite ich. Meine Quote liegt bei zwei Layouts pro Tag. Manchmal sind es mehr, manchmal weniger, je nachdem wie kompliziert eine Szene ist. Nachdem beide gemacht sind, hole ich Feedback ein. Ich bekomme oft ein Drawover zurück, mit Skizzen die zeigen, wie ich das Layout verbessern könnte. Einmal in der Woche treffen wir uns zu einem grossen Meeting mit dem Regisseur, wo wir alle Layouts der Woche anschauen. Das ist immer stressig. Meine Arbeit wird kritisch angeschaut und daraus resultieren auch oft viele Veränderungen, viele Fixes, welche ich dann normalerweise am Montag umsetze.
Nach der Arbeit bleibe ich länger, je nachdem, ob ich Lust dazu habe. Ab und zu gehe ich auch noch ins Badminton Training. Ich probiere, doch noch ab und zu Sport zu treiben.
- Was macht dir am meisten Spass beim Arbeiten?
Ich schaue mir zu Beginn immer das Storyboard meiner Szenen als Ganzes an. Dann suche ich mir die Szenen raus, welche etwas Spezielles haben. Etwas Cooles wie zum Beispiel interessantes Character Acting oder dynamische Posen. Auf diese freue ich mich dann immer am meisten, weil ich weiss, die werden gut rauskommen. Um die Motivation hochzuhalten, versuche ich immer wieder solche spassigen Layouts mit den «langweiligen» abzuwechseln.
Ach ja, ich freue mich natürlich auch immer aufs Mittagessen. Wir sind im Zentrum von Malmö, und das bedeutet eine riesen Auswahl an verschiedenen Gerichten.
- Was gefällt dir am besten an diesem Beruf?
Nicolas: Dass ich umgeben bin von Leuten, welche besser sind als ich. Also teilweise massiv viel besser. Ich kann richtig von ihnen profitieren. Ausserdem ist es lustig, zu lernen, dass die Leute mit zigtausenden von Followern auf Instagram eigentlich selbst auch nur normale Menschen sind. Natürlich ist man am Anfang etwas starstruck, wenn man diese Leute kennenlernt, aber nach einer Weile ist es einfach normal. Wir machen auch viel in der Freizeit. Es gibt oft Drink and Draws, wo man sich austauschen kann. Ich versuche schon lange meine Kollegen zu animieren, einen Karaoke Abend zu machen, aber niemand will. Schweden ist anscheinend kein Karaoke Land.
- Was sind die grössten Herausforderungen beim Layouten?
Die Schwierigkeiten sind ähnlich wie bei der Animation. Besonders wichtig sind folgende Punkte: das Model visuell richtig treffen, Acting, Timing und die Komposition. Wobei die Komposition selbst am wenigsten Gewicht hat, da das meistens schon im Storyboard und im Background Layout entworfen wurde. Allgemein sind die Szenen schon durch sehr viele Hände gegangen.
- Hast du Tipps für Leute, die ins Layout gehen wollen?
Die beste Route ist über die Animation. Das ist die beste Voraussetzung für den Job als Key Posing Layouter.
Was sicher auch hilft, ist Vitamin B. Ich habe den Job gelandet, weil sie mich bereits als Person gekannt haben. Sie wussten halt, dass man mit mir arbeiten kann.
Eine Bewerbung nur durch das Portfolio zu bewerten ist schwer, weil man z.B. nicht weiss, wie schnell die Person arbeitet, wie gut sie mit Druck umgeht, wie gut die Person ins Team passt, usw. Darum hilft es auch, ein Praktikum zu machen. Ich selber habe durch Christian Puille (Storyboarder) über dieses Studio erfahren.
Hier muss ich eventuell noch erwähnen, dass es bei mir mit dem Praktikum nicht beim ersten Mal funktioniert hat. Ich habe mich im ersten Jahr für die Sommerferien bei Slugger für ein Praktikum beworben. Das hat nicht geklappt. Dann, ein halbes Jahr später, habe ich mich nochmal im 4. Semester beworben und dann hat es funktioniert. Ich habe dann auch das Feedback erhalten, dass es gut ist, dass ich mich zwei Mal beworben habe, weil sie so meinen Fortschritt gesehen haben.
- Caroline: Das klingt sehr spannend. Möchtest du sonst noch was erwähnen?
Ich will das Ganze nochmal betonen: Connections sind sehr wichtig. Ich suche momentan einen Job bei anderen Studios, und dieses Mal als Animator und nicht als Character Layout Artist. Bei allen Studios, an denen ich momentan nah an einem Job bin, kenne ich Leute, die mich weiterempfohlen haben. Bei einigen habe ich mich sogar bereits mehrmals beworben.
Wenn man nur an und innerhalb einer Schule studiert ist es schwierig, solche Connections aufzubauen, daher: packt euch z.B. die Leute, die von der Industrie an der Schule gastdozieren. Persönlicher Kontakt hilft, dass sie sich möglicherweise in der Zukunft an euch erinnern.
Vielleicht abschliessend: Sluggerfilm als Arbeitsort kann ich sehr empfehlen. Das Studio ist super. Es ist nahe an Kopenhagen – grosser Animationshub – was mir zum Beispiel die Möglichkeit eröffnet hat, ein paar dänische Studios zu besuchen (z.B. Studio Skjald). Dort gibt es auch Meetups in Bars mit etlichen Animationsleuten. Jeden Monat kann man zusammensitzen und sich etwas näher kennenlernen. Malmö selbst ist auch ein Animationshub, vor allem wegen der starken Gaming Industrie. Das ist besonders für die CG’ler interessant.
- Bedeutet das, wenn es Fragen zu Malmö gibt… ?
Bei Fragen über Malmö; schreibt mich einfach an, z.B. auf Instagram. So viele Leute haben mir geholfen, ich will diese Hilfe jetzt auch anbieten.