FMX 2019: Storytelling in 360° und VR – Teil 1

FMX, Stuttgart, 30. April bis 5. Mai 2019

Eine Postkarte von Christian Gasser

Jan Pinkava und Google Spotlight Stories

Wie erzählt man Geschichten in VR und/oder 360°? Das ist der Dauerbrenner, seit VR von sich behauptet, der nächste grosse Schritt in der Entwicklung des bewegten Bilds zu sein. Die Technik ist längst ausgereift, doch der überzeugende narrative Wurf lässt auf sich warten. Es ist, als sässen wir im Zirkus und starrten gebannt auf den Zylinder des Zauberers – und nichts passiert.

Auch dieses Jahr wurden an der FMX diverse Ansätze vorgestellt und diskutiert, positive wie auch negative Beispiele. Vor allem die meines Erachtens missratenen Beispiele aus dem Labor des deutschfranzösischen Kultursenders Arte waren ausgesprochen aufschlussreich – dennoch beginnen wir mit den gelungeneren Ansätzen, Google Spotlight Stories.

Make something emotional!

Jan Pinkava

Der kreative Kopf von Google Spotlight Stories ist der 1963 in der damaligen Tschechoslowakei geborene Jan Pinkava, dessen Karriere im Animationsfilm beeindruckend ist. Für den Pixar-Kurzfilm “Geri’s Game” gewann er einen Oscar, er war eine treibende Kraft hinter “A Bug’s Life” und der Schöpfer und Co-Regisseur von “Ratatouille”, und nach einem Umweg über Laika wurde er von Google angeheuert, um unter dem Label Google Spotlight Stories kurze VR-Filme und -Erlebnisse für mobile Geräte zu produzieren. In seinem einstündigen Vortrag an der FMX führte er das Publikum durch sechs Jahre und dreizehn Filme. Wobei: Pinkava selber sprach nie von “Filmen”, sondern nur von “Shows”.

Google Spotlight Stories (Logo)

Der Auftrag habe simpel geklungen, sich aber als anspruchsvoll entpuppt, erinnerte sich Pinkava: “Make something emotional!” Das Publikum soll nicht nur beeindruckt und verblüfft, sondern in erster Linie berührt werden. 

Gemein sei allen Google-Spotlight-Shows, dass am Anfang jeden Projekts die Geschichte stünde. Erst im nächsten Schritt käme die Technik zum Zug. Was auch immer die Geschichte benötige, “we have to make it happen”. In vielen Fällen erfordert das Improvisation, Experimente und die Entwicklung passender Programme, narrativer und gestalterischer Ansätze. Das sei aber der einzige Weg, um überzeugende Resultate zu erzielen.

Eiskunstlauf und Segeltörns

Pinkavas Präsentation war ein wilder Ritt durch sechs Jahre VR-Geschichte; dicht gedrängt, oft atemlos; dabei fokussierte er auf die primäre Herausforderung in jedem Projekt.

“Pearl” (Google Spotlight Stories)

In “Duet” ging es um den Versuch, eine VR-Show mit Zeichentrick zu machen; im rasanten Eiskunstlauf-Film “On Ice” musste vermieden werden, dass dem Publikum wegen der wirbelnden Bewegungen übel wird, im preisgekrönten “Pearl”, der Lebensreise eines Musikers und seiner Tochter, musste der die Geschichte erzählende Song so aufgenommen und beim Schauen ausgelöst werden, dass er, egal welche Perspektive der Zuschauer einnahm, auch räumlich richtig klang. Und wie komponiert und arrangiert man einen Score, damit er jederzeit und ohne hörbare Brüche von einer Handlungsphase in die Warteschlaufe und wieder zurück wechseln kann? 

Besonders aufschlussreich war die Grafik zum jüngsten Projekt “Age of Sail”: Während die Filmversion eine hohe Schnittfrequenz mit Dutzenden von Cuts aufweist, kommt die VR-Show mit gerade einmal sieben Schnitten aus.

Lust auf Kuchen!

Piggy (Google Spotlight Stories)

Die Google-Spotlight-Shows sind kleine, unterhaltsame, unprätentiöse, aber in der Regel sehr clevere Geschichten. Besonders hübsch ist “Piggy”: Ein rundliches Schwein macht Diät, möchte aber heimlich Kuchen essen; wenn immer es kann, rennt es zum Kuchen; wenn wir ihm folgen und es beim Kuchen ertappen, legt es ihn verschämt wieder zurück …

Im Zentrum steht also die Story. Die grosse Herausforderung sei dabei immer die Sequenzialität. Wie das Leben sei auch eine VR-Show letztlich sequentiell: “We can’t be in two places at the same time”. Die Schwierigkeit sei es, die Bausteine seiner Geschichte so zu konstruieren, dass sie in allen möglichen Sequenzen Sinn ergäben. Das unterstrich Pinkava mit ein paar Grafiken, die die enorme Komplexität auch der “kleinsten” und unprätentiösesten Shows sichtbar machte.

Zuschauen, handeln und warten

Interaktion bedeutet bei Google Spotlight: Der Blick des Zuschauers löst Handlungen aus und steuert die Abläufe. Blickt der Zuschauer auf eine Stelle, wo keine Handlung stattfindet, wartet die Handlung auf ihn. Das ist ein sehr pragmatisches, aber auch reduziertes Verständnis von Interaktion; ob es auf die Dauer befriedigend sein wird, ist fraglich.

Sonaria (Google Spotlight Stories)

Auffällig ist jedenfalls, dass der Zuschauer in den Google-Spotlight-Shows nie zur handelnden Figur wird und auch nie die Perspektive einer Figur einnimmt. Die einzige Ausnahme bestätigt die Regel. “We do not attempt to give you a role in the show”, erklärte Pinkava, “because it’s really hard to deliver on the promise.” Ist der Zuschauer ein Akteur, erwartet er auch, die Dinge im Film anfassen, bewegen und spüren zu können. Enthält man dem Zuschauer diese Form sinnlicher Eindrücke vor, empfindet er die Erfahrung als unvollständig und frustrierend.”

Diese dichte Stunde war, das lässt sich nicht von allen FMX-Veranstaltungen sagen, viel zu kurz. Pinkava konfrontierte uns mit vielen Fragen, mit denen man sich beim Entwickeln einer VR-Story auseinandersetzen muss – und lieferte die eine oder andere Antwort darauf. Im Gegensatz zu den meisten FMX-Speaker*Innen ist Pinkava nicht in erster Linie ein Techniker, sondern jemand, der VR in erster Linie konzeptionell und theoretisch oder, um einen grossen, in seinem Zusammenhang mehrmals gehörten Begriff zu verwenden, philosophisch durchdringt.

Age of Sail (Google Spotlight Stories)

Warum Google nach nur sechs Jahren den Stecker zieht und Google Spotlight einstellt, wollte Pinkava allerdings nicht kommentieren.

Soweit das positive Beispiel von VR-Erfahrungen. Im nächsten FMX-Bericht geht es darum, was man alles falsch machen kann …

Christian Gasser

OUT OF HOME ANIMATION 2018 – Review

At a time in which the idea of Europe is being questioned and nationalism seems to be on the rise, we see it as our imperative goal to connect young people from different backgrounds in a common project. The remoteness and the limited possibilities of the secluded location demand a unique solidarity which is hard to summon in urban spaces. To retreat into a rough mountainous environment is to be immersed in questions of the self and of basic needs. This frees us from our routine habits and lets us open up to experiments. Respect towards nature and our fellow human beings as well as artistic processes hone the eyes of participants for values which must not be lost if we strive towards a future worth living in.

Jürgen Haas, 2018
Head of BA Animation,
Lucerne University of Applied Sciences and Arts


The biggest gain for me was: I felt like I finally found access to a state of playful and open-ended experimentation. After almost two years working in storytelling for Swiss public television and two further years at the Filmakademie Stuttgart, whose education is strongly focused on integrating students into the industry, that really means a lot. […]
I would like to emphasize how important working with teacher Maja Gehrig was. She takes on two very energy-intense roles, switching between a lovingly attentive landlady and an equally thoughtful but also pragmatic teacher who is constantly encouraging development while constructively criticizing. That this 24/7 stand-by duty really gnaws at one’s strength doesn’t stop her from trying to find an answer to every question – even personal ones.

Michael Bohnenstingl, 2017
Student at Animationsinstitut of the Filmakademie Baden–Württemberg


Out of Home was a pleasant surprise in each of its step. From an unexpected invitation, to being inside a van crossing the Alps filled with unknown people, it was a dive into the unexpected, away from whatever I might call home. […]
Maja was subtle, delicate, in her guiding, and her pre-sence felt only natural to that place. Soon enough, I was amazed to see ourselves waking up early, going for long tiring walks, working hard with our backs to beautiful landscapes, for no reason except our own wills and de-sires.
I fail to imagine someone more suited to lead such an experience than Maja: her sensibility to people and their values is impressive. With great care, she man-aged to keep us all in a good place, supporting our own journeys, finding what resonates with each one and pushing us further.
As we found ourselves close to our inner motivations, having fun with unprejudiced, crazy ideas, Out of Home sounded like the wrong name for something that start-ed to feel precisely like… home.
I have nothing but gratitude towards our short stay in the hut, and I hope that more people can benefit from such a detoxifying experience.

Paulo Scatena, 2018
Student at Animationsinstitut of the Filmakademie Baden–Württemberg


[…] This workshop is a wonderful real Utopia… every-one who went there has come back full of inspiration, drawing from this rich source for months to come.

Prof. Christina Schindler, 2018
Leiterin Animation, Filmuniversity Babelsberg Konrad Wolf


Just a few lines to thank you so much for inviting our students to the Out of Home workshop. Their feedback is that it was great (… except maybe the Swiss recipe for cooking pasta!) and they really liked Maja Gehrig’s guide. I wish we will have new opportunities to make our students share experiences, hopefully in Italy.

Chiara Magri, 2018
direttrice didattica dip. at Centro Sperimentale di CinematografiaCorso Di Animazione


The enthusiasm is unanimous. the concentration over those few days, the reduction of technical means. Working with sounds that are rarely used in compo-sitions and interpretations. ond then the interplay be-tween image and sound and the subsequent debate over reception. getting to know different project for-mats, introduced to us through maja gehrig, is also very valuable. once again, the music students are thrilled and will be coming back.

Urban Mäder, 2018
Professor at Lucerne School of Music


It was a pleasure to cooperate with your workshop. In my opinion it´s very important that talented animation professionals can meet somewhere in the world and share their brains, and this workshop is a very nice place to do this! It was a very nice travel for Zsófi, her team got help in every way when they needed and the whole week was very improvisatory. She told me be-yond the work, there were many interesting programs like yoga and trips around the area. […] So I hope next time we can also cooperate with you and join your workshop.

Eszter Glaser, 2018
Project Manager atMoholy-Nagy University of Art and Design Budapest


It was a truly great experience to see such untouched nature and I personally was able to take a lot of inspi-ration with me for my further creative work. I’m really grateful that you did this so well and that I was able to be a part of it.

Camille Noémie Geißler, 2018
Student at Filmuniversity Babelsberg Konrad Wolf


[…] I really want to say how grateful I am for getting the chance to participate in this workshop, it was a privi-lege amazing experience that I don’t take for granted. Thank you for this incredible one week journey.

Hagar Faibish, 2018
Student at Filmuniversity Babelsberg Konrad Wolf


A fantastic week with the possibility to experiment artistically and gain confidence in one’s own creativity; a week which enables interdisciplinary and internation-al contacts as well as gaining insight into Swiss nature, culture, and is a lot of fun throughout. Thank you!

Luisa Schneider, 2018
Student at Filmuniversity Babelsberg Konrad Wolf


[…] Definitely FIVE STARS

Filippo Di Piramo, 2018
Student at Centro Sperimentale di CinematografiaCorso Di Animazione


[…] OoHA – is an enrichment and pedagogically speaking the future of schooling!

Roman Naef, 2018
Student at Lucerne School of Music


involved institutions:
Lucerne University of Applied Sciences and Arts – organisation and implementation, 5 students
Lucerne School of Music – support, 3 students
Filmuniversity Babelsberg Konrad Wolf, Potsdam Babelsberg, Germany – 5 students
Animationsinstitut of the Filmakademie Baden–Württemberg, Ludwigsburg, Germany – 1 student
Moholy-Nagy University of Art and Design Budapest (MOME), Budapest, Hungary – 1 student
Centro Sperimentale di CinematografiaCorso Di Animazione, Sede Piemonte, Torino, Italia – 2 students
Academy of Fine Arts Vienna, Vienna, Austria – 1 student
The Animation Workshop of the VIA University College, Viborg, Denmark – 1 guest lecturer

the team:
Maja Gehrig, Animation Film Maker, lecturer – artistic leading
Daniela P. Meier, assistant – organization
Igor Kuzmic, student assistant – organisation and transportation
Lea Stillhard, alumna – organization
Michelle Ann Nardone, Director of the BA in Animation and CG Arts at TAW – Yoga teacher and guest
Ewald Trachsel, lecturer and stone sculptor – scout initiation-excursion
Gotllieb Trachsel – shed attendant

LUFF: See you soon !

By Nina Winiger

 

Some encounters at LUFF 2018:

  • A group of students from ECAV making an anthropological study about the visitors.
    • One of them decomposed a Falafel Sandwich and photographed its inside.
    • One of them photographed the visitors shoes.
    • Two of them interviewed me about what my definition of “Underground” is.
  • An artist who thinks that no clear artistic statement about our society exists yet.
  • Billy Roisz, on a bench near a fountain, with helicopters making noise while I was recording our interview.
  • An old friend on his way to a residency in Berlin.
  • A theater actor talking about dance.
  • A guy I met four years ago, also at the LUFF.
  • Two guys talking about real estate investment at the table next to mine.
  • A filmmaker that was part of one of the most important artistic movement of the 60’s, asking questions to his audience with incredible humility.
  • A friend disappointed about the lack of consistency in arts nowadays.
  • People dancing on Michael Jackson.
  • A film banned in Great Britain at its release and afterwards went lost for about 40 years.
  • A musician creating sounds as if one would record microscopic sand particles, using just a guitar.
  • People drinking special brewed Absinthe.
  • The child of a director shouting: ”I want to explode, cause I’m a volcano!” on the stage of the final ceremony.

Don’t miss this visit in Lausanne: Collection de l’Art Brut

By Nina Winiger

 

The french artist Jean Dubuffet was fascinated by the arts made by autodidact solitary or outcast persons. Considering that they were very little influenced by artistic culture and standards, thus being able to create raw art pieces. He collected such throughout his life, hence initiated the Collection de l’Art Brut, which he donated to the city of Lausanne in 1971.

As animators the Collection is a Must Go while passing through Lausanne. What you will find there, is a dense variety of pieces going from drawings, to clothes, to sculptures, all created in a kind of animistic urge to fill objects with soul. Childish in some regards, they are playing with uncommon textures and transporting a pleasure for materiality, as if creating was sometimes more about the handcrafting experience of the artist than about achieving a preconceived result.

Recognizing and giving a human face or character to our surroundings, is one of the most common things people share on this planet. This becomes more than obvious in the Collection: Mask-like sculptures made out of seashells, little characters painted on milk cartons, drawings with a faces-inception effect, puppets out of recollected materials, dresses and gloves manufactured with patience… the human figure and experience is a common thread between most of the pieces. Isn’t it what it’s also about in animation ?

Those characters are often ill-shaped and clumsy, but Oh lord what tenderness and charisma they transmit ! During my visit I felt it was a marvellous source of inspiration and I can only encourage you to see this unique Collection with your own eyes.

As the exhibition space was quite dark, it was difficult to shoot nice pictures. But just have a look at the official instagram page here: https://www.instagram.com/cablausanne/

And for further informations about arrival, entrance fee etc. you can visit the official webpage: https://www.artbrut.ch/en_GB

Drei Filmreviews

By Nina Winiger

 

Der LUFF gräbt jedes Jahr viele Filme von einer parallelen Dimension der Filmgeschichte aus. Filme von denen man meistens nie hören würde, ausser man fände per Zufall in einem verstaubten Filmkatalog einen Artikel darüber. Und natürlich gibt es manchmal einen Grund, wieso paar Filme einfach in Vergessenheit geraten. Bei anderen findet man im Nachhinein doch eine versteckte Qualität. Sei es auch nur um sich über veraltete spielweisen der Schauspieler, oder über fehlerhafte Synchronisation des Tons lustig zu machen. Diese Filme sind aber auch immer ein Fernglas in einem Teil der Realitäten von früheren Gesellschaften.

Leider konnte ich mir dieses Jahr nur eines dieser vergessenen Filme ansehen: The Black Panther. Eine andere Review ist Relaxer gewidmet, einer neueren Produktion, welche mit ästhetisch makellose Bilder arbeitet, jedoch einen unkonventionellen Filmplot wagt. Last but not least wird noch Strictly Platonic, eine 3D Animation, vorgestellt. Drei sehr unterschiedliche Filme also, die einen Einblick in die Bandbreite des Undergrounds verschaffen sollen.

THE BLACK PANTHER, Ian Merrick, 1977, GB, 102 min

Basierend auf einem echten Vorfall, zeigt The Black Panther eine quasi dokumentarische Perspektive auf die Taten eines kriminellen Familienvaters. Im anschliessenden Q&A, erfuhr man vom Drehbuchautor Michael Armstong, dass alle Handlungen der Figuren direkt aus dem reellen Gerichtsprotokoll entstammen. Diese dokumentaristische Perspektive wurde schon vor der Veröffentlichung des Filmes von den britischen Autoritäten umstritten und als unmoralisch etikettiert, sodass des Film unmittelbar zensiert wurde.

Dieser Film ist vor allem wegen seines historischen Kontextes ein interessanter Fundstück, aber ausserdem auch ein mitreissender Thriller. Zudem hinterfragt er die problematische Position der Presse in der Gesellschaft, ein Thema welches heute noch seine Relevanz findet.

RELAXER, Joel Potrykus, 2018, USA, 91 min

Die Bilder sind tadellos und könnten die, eines Indie-Videoclips sein. Underground ist also nicht nur, wie das Klischee es will, unsaubere, mit Handkamera gedrehte Videos. Wahrscheinlich ist es die ungewöhnliche Handlung (oder besser gesagt, die für einen Langspielfilm untypische Handlungslosigkeit) welche ihn zur dieser Kategorie zuteilt. Gibt es etwas weniger filmtaugliches als einem Mann in Unterhose auf einer Couch dabei zuzusehen wie er versucht, den Level 256 von Pacman zu erreichen ? Und das während 91 Minuten… Relaxer gelang es aber diesen Inhalt mit unerhoffter Spannung und frechem Humor darzustellen.

STRICTLY PLATONIC, Caitlin McCarthy, 2017, GB, 3 min

 

Eine saure aber zugleich mitfühlende Satire von Einsamkeit auf Internetforen. Die Animation ist sehr simpel gehalten: Glückliche, smiley-ähnliche Gesichter tanzen durch die Lüfte eines hellblauen Hintergrundes. Währenddessen liest eine synthetische Stimme Ausschnitte aus Foren, welche von der Einsamkeit des durchschnittlichen Internetbesuchers zeugen. “I AM JUST LOOKING FOR SOMEONE WHOS LIKE ME. SOMEONE WHO HAS TRUBLE FEELING LIKE NORMAL PEAPLE DO.” Kann man sich unter anderem mit einer winzigen Träne im Auge und einem schiefen Lächeln anhören. Bittersweet also. Der Film erzählt uns auf einer einfachen aber sehr wirkungsvollen Weise diese verdecke Gefühle, welche irgendeiner fühlen könnte, erst aber in den Tiefen des Internets sichtbar werden.

Interview with Billy Roisz

By Nina Winiger

 

Das Programmheft des Festivals beschreibt Billy Roisz als «Tricky Woman». Ihre Spezialität: Bilder aus Tonsignale erzeugen. Diese Technik verwendet sie sowohl in live Performances als auch in Filme, die sie für den Kino konzipiert.

Ich durfte ein Interview mit ihr führen, um ihre Arbeitsweise besser zu verstehen. Nachmittags, im Park hinter dem Casino de Montbenon, kam mir eine elegante und herzliche Frau entgegen.

Nina: Ich bin mit Billy Roisz hier, hallo.

Billy Roisz: Hallo.

N: Ich habe mich gefragt: Billy Roisz ist das Dein richtiger Name, oder ist das ein Pseudonym ?

B: Eigentlich ist es mein richtiger Name seit ich elf Jahre bin. Dann habe ich mich entschieden, dass ich Billy heisse. Roisz heisse ich schon immer und Billy ist seit ich elf bin.

N: Das tönt irgendwie so “Kick-Ass” finde ich.

B: (Lacht) Ja, damals haben wir mit drei anderen Freundinnen beschlossen, wir nehmen jetzt so Jungs Namen an. Und es ist lustig, weil ich früher uroft in Filmprogrammen als “he” aufgeschrieben war. Als ich dann gekommen bin, führte es immer zu leichten Verwirrungen. Aber das mag ich.

N: Und hat es Dir geholfen, psychologisch ?

B: Als Teenager wahrscheinlich, ja. Ich mochte es und bin dabei geblieben. Sogar meine Eltern und meine Oma nennen mich so.

N: Das ist schön. Und in Wien bist Du künstlerisch aufgewachsen ?

B: Genau, als Kind habe ich auf dem Land gelebt und bin dann mit 21 nach Wien gezogen.

N: Kannst Du mir etwas über die Wiener Szene erzählen, wie sie damals war und wie sie sich entwickelt hat ?

B: Also ich habe angefangen eigentlich.. ziemlich spät. Da war ich schon 30, das war so Ende der 90er Jahre, Anfang 2000. Davor war ich nämlich in einer Performancegruppe [Anm. VIS PLASTICA’], wo wir Bewegungstheater gemacht haben, im öffentlichen Raum. Auch mit Musik und abstrakte Bewegungen aber noch nicht mit Film. Und ich habe dann 98 angefangen in einem neuen Lokal zu arbeiten in Wien, das da aufgemacht hat, das RHIZ. Das war ein super Ort für ganz viele experimentelle elektronische Musik, Noise, aber auch eben so Medienkunst, Video. Ich bin Autodidaktin und deswegen war das ein extrem fruchtbarer Boden um herumexperimentieren und auch ziemlich schnell gleich mit Sachen in die öffentlichkeit zu gehen. Also Punk Attitude. Ich habe damals mit DJing angefangen und bin dadurch auch zu Musikmachen gekommen.

N: Und zum Filmemachen ?

B: Als ich nach Wien gezogen bin, war ich ganz viel im Filmmuseum zu Besuch. Das war so quasi meine Sehschule. Da sind ganz viele abstrakte experimentelle Filme gelaufen, auch Animationsfilme [Anm. Das Filmprogramm hiess ‘Zyklisches Programm – Was ist Film]. Das habe ich einfach geliebt. Eigentlich wollte ich auch Animationsfilme machen, aber habe schnell bemerkt, dass ich zu faul für Einzelbildanimation bin (lacht). Ich habe dann herumprobiert, mit diversen Videomaschinen, habe sie anders verwendet als man sie normalerweise verwendet. Auch in Zusammenhang mit Sound, das hat mich interessiert, die Verbindung von Ton und Bild. Und das Bild eigentlich nicht als Bebilderung von Ton, sondern als so was wie visueller Sound zu verwenden -oder visuelle Musik. Da kommt auch sicher der Einfluss aus den frühen Arbeiten von den 1920 Jahren von experimentellen Filmemachern wie Ruttmann und Hans Richter und so weiter, die das ganze immer sehr kompositorisch angegangen sind.

BYE BYE ONE – Billy Roisz

N: Und wenn ich das richtig verstanden habe, machst Du auch manchmal Videos, die direkt vom Ton abgeleitet sind..

B: Genau, das ist eine meiner Haupttechniken, die ich über die Jahre entwickelt habe. Bei den letzten Filmarbeiten geht es mehr in den Hintergrund -ich arbeite jetzt mehr auch mit konkretem Filmmaterial- aber bis vor ein paar Jahren habe ich hauptsächlich mit dieser Technik gearbeitet, dass ich mit dem Sound so was wie abstrakte Bilder zeichne.

Sowohl das Bild, als der Ton sind auf Frequenzen, Elektronen und Strom aufgebaut. Und ich kann eben je nach Tonhöhe abstrakte Formen erzeugen. Das habe ich über die Jahre experimentiert und verfeinert.

N: Und musstest Du Deine Maschinen zuerst programmieren, damit sie genau diese Bilder erzeugen ?

B: Nein, das ist eigentlich ganz analog. Draufgekommen, auf diese Technik, bin ich durch einen Fehler, der mir passiert ist, wo ich mal beim Fernsehereingang den Ton auf das Bildsignal geschickt habe. Dann hat man in -sagen wir mal Bildsprache– Streifen am Bildschirm gesehen. Und das ist Schwarz-Weiss. Also das kann man ganz einfach machen. Es rührt daher, dass das Bild am Fernseher auch aus lauter kleinen Zeilen aufgebaut ist, wo die Elektronen die Zeilen abfahren. Also hohe Töne, hohe Frequenzen, machen eine schnellere Frequenz, dann sind ganz viele, kleine, feine Linien am Fernseher zu sehen. Und zum Beispiel ein Brummton von 50 kHz, also auf dieser Frequenz läuft quasi der Strom aus der Steckdose, das ist dann ein breiter Streifen, weil dann das Elektron ganz langsam schwingt. Aber das ist jetzt schwierig, ohne die Bilder dazu zu zeigen…

Aber eben, mit dem Mischen der Tonfrequenzen kann man auch Interferenzen erzeugen und auch verschiedenste Formen. Es sind immer Streifen -horizontal und Vertikal- oder, wenn man die richtigen Frequenzen findet und mischt fängt das ganze auch an, sehr organische und runde, wabernde Blasen zu machen.

Aber es ist wirklich so, dass ich es gar nicht umtransformiere, das Tonsignal, sondern ich zeichne direkt mit dem Ton das Bild.

Analog zu Film -also zu Zelluloid- da gibt es auch diese Tonspur am Film und wenn das Bild in die Tonspur läuft, dann macht es ja auch Sound. Genau so ist es mit dem Video.

N: Also nur umgekehrt. Und bei Dir geht es also in diesen Experimenten eher um das Bild ? Dann ist die Vertonung quasi, als würde man das Bild hören ?

B: …Ja. Und umgekehrt, ich habe auch Feedbackschleifen erzeugt, wo ich dann auch wieder die elektromagnetischen Felder von, zum Beispiel einem alten Röhrenfernseher abnehme und das in meinem Audiomischpult zurückschicke. Was dann auch wieder in erster Linie sehr abstrakte Brummtöne oder hohes Fiepsen erzeugt. Und durch verschiedene soundeffect-Geräte kann ich die Sounds verändern und die machen auch wieder ein anderes Bild. Das ist also ein ganzer audiovisueller Apparat, den ich mir aus verschiedensten kleinen Maschinen aufbaue sozusagen. Und genau: Bei meinen ersten experimentellen Videoarbeiten, da ist es wirklich sehr ums Experiment gegangen, die sind noch ganz roh. Und haben…ich sage mal, ganz straighte und transparente Konzepte dahinter… mehr wie kleine audiovisuelle Skulpturen. Erst später hat es mich interessiert, auch etwas narratives und komplexere Konzepte in meine Filmarbeiten mit ins Kino reinzunehmen. Und sie dadurch auch mit konkreten Bildern gemischt.

darkroom – Billy Roisz (Link)

N: Und Du machst auch Filmmusik für andere, habe ich gesehen…

B: Ab und zu. Ich habe den Soundtrack für eine andere Filmemacherin gemacht, diesen Film zeige ich hier im Programm. Das habe ich zwei- dreimal gemacht. Oder in Zusammenarbeit mit anderen das Bild und der Ton.

N: Und ist da die Arbeitsweise für Dich anders ?

B: Also in dem Fall vom Film, der jetzt hier gezeigt wird, Distortion (Lydia Nsiah), ist es ziemlich an das angelehnt, was ich sonst mache. Es ist so, dass es auf kommerziellen DVDs einen Kopierschutz gibt. Dieser schaut dann so aus, dass die ersten Bilder immer distorted also irgendwie verzerrt sind oder irgendwelche Artefakte eingebaut haben. Und die Lydia Nsiah, so heisst die Filmemacherin, hat eben aus lauter Avantgardefilmen -viele aus den 20er Jahren- diese ersten Frames, die zerstört worden sind, genommen und zu einem Film montiert. Ich habe dann, weil, es Distortion heisst, den fertigen Film auf meinem Fernseher abgespielt und einfach mit zwei Kabeln die Lichtunterschiede von der Bildröhre abgenommen und diese durch einen distortioneffect-Gerät durchgespielt, aufgenommen und wieder zu ihren Bildern dazu montiert. Es ist also eine analoge Arbeitsweise einerseits zu ihrer Arbeit aber auch zu dem, was ich sonst mache.

N: Ich habe auch gesehen, dass Du oft mit anderen Personen zusammenarbeitest.. Für mich ist es schwierig, vor allem wenn man experimentell arbeitet, weil man nie wirklich weiss, wohin es geht und man immer wieder entscheiden muss welchen Weg einzuschlagen. Wie machst Du das?

B: Ja, das ist sowieso ein sehr wichtiger Teil in meiner Arbeit, die immer sehr Prozesshaft ist. Da ist zwar ein Konzept und eine Idee am Anfang. Und vielleicht auch schon so was wie eine Dramaturgie -oder ein Storyboard, kann man es auch nennen. Aber im Prozess, durch die Arbeit mit den Anderen, oder auch mit dem Filmmaterial kann sich das sehr stark nochmals ändern. Ich gehe zwar nicht weg von der Grundidee, aber es kann sein, dass neue Ebenen dazukommen. Das mag ich eigentlich sehr, wenn ich am Anfang meine Fragen stelle aber dann ein Dialog, oder Multilog daraus wird, mit allen möglichen Leuten, mit denen ich zusammenarbeite.

N: Und habt ihr dann trotzdem getrennte Rollen ?

B: Ja, es ist sehr unterschiedlich bei jedem Projekt und bei jedem Film, den ich gemacht habe. Es gibt auch zwei Filme, wo die Soundebene schon Fertig war und die so was wie Musikvideos sind. Und dann gibt es wieder so ganz eng verknüpfte Projekte. Interessant ist vielleicht ein Film, der heisst Close your Eyes, dieser ist inspiriert von einer literarischen Vorlage von Henri Michaux -Er ist ein bildender Künstler aber auch Poet, Schriftsteller. Er hat in den 50er Jahren Experimente mit Meskalin gemacht und diese dann sowohl schriftlich als auch mit Zeichnungen während dem Trip aufgezeichnet aber auch danach.- Anhand dieser literarischen Vorlage habe ich dann quasi einen Score gemacht aus Bildern aber auch aus Textstellen, aus dem Buch. Da habe ich an der Bildebene gearbeitet und mein Partner, in dem Fall war es Dieter Kovacic, mit dem ich sehr viel zusammen arbeite, hat diese Vorlage -den Score– für die Soundebene verwendet. Erst zum Schluss haben wir die zwei zusammengefügt und dann die chemische Reaktion gesehen, was passiert. Das war auch ein sehr interessanter Vorgang.

Und manchmal geht es aber wirklich parallel, dass ich zusammen mit einem anderen MusikerIn wirklich im Entstehungsprozess ganz eng, auch im gleichen Raum, an den gleichen Maschinen arbeite. Es ist wirklich sehr unterschiedlich.

N: Es gibt auch ein Video auf Internet, wo Du in einer Galerie Deine Bilder und Töne gleichzeitig erzeugst, jetzt sind sie da in einem Kino. Eigentlich ist es schon ziemlich unterschiedlich…

B: Es ist unterschiedlich. Was Du gesehen hast ist, wo ich live performe ?

N: Ja.

B: Genau, das ist ein Teil. Das ist, was ich gestern auch hier gemacht habe. Das ist ein Teil von meiner künstlerischen Arbeit. Ich bin einerseits Musikerin, aber meine Soloperformances sind meistens mit Ton und Bild, wo ich auch mit dieser Technik arbeite. Nur der grosse Unterschied zu den Filmarbeiten ist, dass das improvisiert ist zu hundert Prozent, das passiert einfach live. Und man kann es aufnehmen, dann ist es fertig, aber es ist nicht eine konzeptuelle Idee dahinter, wie bei meinen Filmarbeiten, die ich schon immer in den Kinoraum denke: In die Blackbox, wo möglichst alles andere reduziert ist und nur auf das Sehen und Hören, alles runtergebrochen wird.

N: Ach so, weil ich hatte diese eher abstrakten Filme gesehen, mit dem Röhrenfernseher denke ich, und deswegen dachte ich, dass du sie von einer live Performance übernommen hättest, um sie danach im Kino zu zeigen.

B: Nein, also es gibt einen Film, der so entstanden ist, der heisst Tilt und das ist eigentlich der einzige Film den ich eins zu eins bei einer live Performance aufgenommen habe und danach das Bild und den Ton gemastert habe. Aber das ist eigentlich eine Ausnahme. Sonst sind die Filmarbeiten viel vertrackter und es geht mir auch um ganz viel andere Fragestellungen.

TILT – Billy Roisz

N: Es gibt nicht so viele Künstler die sowohl im Kino arbeiten, als auch in Galerien. Ist das manchmal schwierig für Dich ?

B: Also diese live Performances, die ich mache, die sind selten in Galerien. Das ist meistens bei Musikfestivals, wie jetzt hier. In Galerien kommt es ein- zweimal vor. Und was ich auch noch mache, wenn man das trennen will überhaupt, diese drei Arbeitsstränge, sind Installationen, die dann für Galerien gedacht sind. Es sind Soundart Installationen, wo manchmal Bild dabei ist, aber manchmal ist es nur Ton oder irgendwelche anderen Objekte, die im Raum sind.

N: Also, ich denke auch nicht, dass man das unbedingt trennen muss. Aber ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, von diesen Orten eine Nachfrage zu bekommen, wenn man nicht klar einzugrenzen ist.

B: Es stimmt, es ist einfacher für den ganzen Betrieb, wenn man so eine klare Schublade hat, aber das habe ich nicht.

Für meine Filme habe ich einen Vertrieb- das ist Sixpackfilm in Wien. Die laufen, wenn sie mal in den Vertrieb sind quasi von selber. Und für meine Liveauftritte mache ich meine Selbstvermarktung sozusagen. Ich schreibe Festivals an um Auftritte zu bekommen. Galerien, selten. Es ist eher so im Festivalbetrieb.

N: Und könntest Du Dir auch vorstellen bei Konzerte Visuals zu machen, für andere Künstler ?

B: Das kommt drauf an. Ich habe früher oft nur Video gemacht und andere Musik. Aber es muss etwas spezielles sein. Also die Leute müssen wissen warum sie meine Bilder wollen und ich muss wissen warum ich Bilder zu ihrer Musik machen will.

N: Und früher, als Du noch DJ gemacht hast. Wenn es damals schon so populär wäre Visuals zu machen, hättest Du da vielleicht Clubvisuals gemacht ?

B: Das hat mich eigentlich nicht so interessiert. Ich habe Workshops gegeben für Jugendliche. Aber nicht mit meiner Arbeitsweise, sondern mit VJ-Programmen wie Resolume. Das hat mir Spass gemacht. Aber ich muss auch sagen, ich war nicht ein Club-DJ in dem Sinn, dass ich Dancemusik aufgelegt habe. Auch das war immer sehr experimentell (lacht) und eine Mischung von vielen Musiksachen.

N: Weil es bei Dir wahrscheinlich nicht nur um das Bild selber geht…wie könntest Du es beschreiben ? Die Stimmung, die Atmosphäre, oder…?

B: Ja, also Bild und Ton in dem Raum, in dem es stattfindet. Und je nach dem, ob es im Kino ist oder als live Performance kommt mein Körper auch dazu, auf der Bühne. Es ist so was…vielleicht wie bewegte Skulpturen ? Ich meine, das Bild selber ist zwar 2D, aber der Sound dehnt sich im Raum aus. Und dadurch bekommt für mich das Bild auch Räumlichkeit. Und die Leinwand sehe ich auch irgendwie als Membran, im Raum, die mit der Musik schwingt. Es wird so ein Körper (lacht).

N: Und dann gehören auch die Zuschauer zu diesem Ganzen ?

B: Genau, im besten Fall überträgt sich das auch -oder sind die Körper der Zusehenden auch Teil des Ganzen.

N: Und was möchtest Du mit ihnen bewirken, am liebsten ?

B: Sie mitzunehmen auf einem Trip (lacht) ! Das schöne ist an abstrakten Sachen, dass viel Freiheit da ist, um auch seine eigene Bilder zu haben. Oder auch nicht, wenn man keine Bilder hat, das nur Körperlich oder mit einer Stimmung zu spüren, ist es auch total ok. Also es ist mir ganz wichtig auch, wenn ich sehr oft bei meinen Filmarbeiten viele Schichten an Konzepte dahinter habe, muss es auch funktionieren auf einer sehr direkten und körperlichen Ebene. Ohne, dass man den intellektuellen Background dazu hat. Das ist mir sehr wichtig.

N: Zum Schluss, was könntest Du jüngeren Künstlern empfehlen, die auch multimedial arbeiten ?

B: Einfach viel ausprobieren und eine gewisse Art von Frechheit auch ! Also auch unfertige Sachen zu präsentieren oder mit anderen zu teilen. Ich finde dadurch passiert viel. Oder das Feedback von anderen Leuten finde ich ganz wichtig.

Danke an Billy Roisz für dieses schöne und inspirierende Interview. Lassen wir es doch mit diesem komischen Video ausklingen:

JAZZWERKSTATT WIEN: Fernsehküche – Billy Roisz + dieb13

 

Lausanne Underground Film and Music Festival 2018

By Nina Winiger

 

I went to the LUFF two weeks ago, here are some words about this festival.

The Lausanne Underground Film and Music Festival (LUFF) just had its seventeenth edition and yet it is still quite unknown in Switzerland, even though it has been recognized in the mediatic scene (is has been the subject of a broadcast by Arte Tracks in 2016).

This article aims to present it to a larger audience.

I was mostly interested by the film program and the impression i had by going to the screenings was this one: “Isn’t it a funny coincidence, that the LUFF is located in an old Casino ?” Because somehow, choosing a film from the program is like playing roulette.

Due to its large selection, you can end up with the newest fantastical, horror, documentary and animated productions, or even with some forgotten crappy movies.

This is, for me, the true value of this festival. The LUFF is indeed taking risks, not knowing if a film will be a commercial success, but still deciding to show it. And as a viewer, being open to this kind of risk is also enjoyable. Sometimes you’re sitting in front of a movie you might not like or even find horrible…but is it really a nourishing experience to see only films which we are used to ?

If I enter a cinema without clear expectations and then I find myself to be delighted about what I am seeing, that is where the magic is operating.

And even if I’m left confused by a film I just saw, it feels more triggering for me precisely because this means that my brain hasn’t found a place yet to categorize those images. Therefore it has to open a new little box somewhere where it can put them. This is exactly what I am looking for in artistic work.

As a viewer, I wish to see films that will challenge me in some way or another. And as a prospective filmmaker, I want to see films exploring new ranges of possibilities in this medium I dearly love. This is what I search and luckily find at LUFF.

 

 

Weiter gehts! LuMAA Wochen 3 & 4

Schon hat die vierte Woche der LuMAA angefangen, und die Konzentration ist nach wie vor hoch.

Woche 3: Creature Animation

Dozent in der dritten Woche war Michael Aerni, der ebenfalls bei Weta Digital in Neuseeland arbeitet.

Zieht euch mal sein Showreel rein, da werde ich ganz kribbelig und will das auch mal machen (:

https://vimeo.com/145841969

Mit Respekt näherten wir uns dem Creature Animation Shot an, denn auch wenn wir auf 150 Frames beschränkt wurden, der Workload war riesig… Ich hatte zwei Tiger, die miteinander kämpften, und schaffte gerade mal, 50 Frames auf einen relativ sauberen Stand zu bringen. Aber ich bin trotzdem sehr zufrieden mit dem Ergebnis, da ich zuvor noch nie eine Interaktion zwischen zwei Kreaturen animiert hatte.

Die verschiedenen Farben dienen der einfacheren Auseinanderhaltung der beiden Tiger bei dieser komplexen Interaktion.

Wie schon in den ersten beiden Wochen hatten wir die fantastische Möglichkeit, uns direkt zu unseren Shots Rückmeldung zu holen; Michael war sehr hilfsbereit und hilfreich!

Woche 4: Lip Sync

Zur Zeit läuft die vierte Woche mit Stefan Schumacher, der uns von Pixar besucht.

Lip Sync und ein kleiner Acting Shot stehen auf dem Plan. Ich habe mir eine wahrscheinlich viel zu subtile Szene ausgewählt, denn ich habe so meine liebe Mühe mit animieren diese Woche. Vielleicht merke ich mittlerweile einfach auch, dass ich schon vier Wochen jeden Tag zwischen sieben und acht Stunden am animieren bin, etwas, was ich noch nie zuvor gemacht habe. Es ist also nicht nur ein Vergnügen, auch wenn es Spass macht! Doch wir beissen uns natürlich durch, denn das Lernen steht im Vordergrund.

Wie schon die Dozenten vor ihm hat Stefan uns sehr viele nützliche Tipps gegeben, zum Beispiel in welcher Reihenfolge man am besten die grosse Aufgabe des Lipsyncs angeht. Auch in einem eher simplen Rig eines Gesichts hat es viele Controller, von denen man sich nicht einschüchtern lassen darf!

Stefan nahm sich sehr viel Zeit für unsere einzelnen Anliegen, was sehr angenehm war und uns wahnsinnig weiterhalf.

Wir gingen auf viele Details ein, zum Beispiel welche Teile des Gesichts sich bei einer Änderung von Emotionen zuerst bewegen oder wie man Denkprozesse eines Charakters rüberbringen kann. Faszinierend, was man alles mit kleinsten Bewegungen universal lesbar ausdrücken kann!

 

Text: Rhoda Berger
Fotos: Leoni Dietrich

Es ist LuMAA! Wochen 1 und 2

Seit zwei Wochen ist nun die LuMAA am laufen, und ich sage euch, die Geschwindigkeit und die Ansprüche sind hoch: Ich lerne so viel animieren wie nie zuvor! Lasst uns doch kurz rekapitulieren, wie die beiden Wochen waren.

Woche 1: Walk cycles

In der ersten Woche kamen K.C. Roeyer und Simon Christen den weiten Weg von den Pixar Animation Studios in Kalifornien nach Luzern, um mit uns an den Grundlagen des Walk cycles zu feilen.

Als Modell diente uns Norman, ein etwa 10 Jahre alter Charakter mit viel appeal. Mit grossem Detailgrad wurde uns der Aufbau eines Walk cycles, also dem auf-der-Stelle-Gehen eines Charakters, nähergebracht.

Es war äusserst hilfreich, diese Grundlagen nochmal aufgefrischt zu kriegen, auch weil Simon und K.C. die Sicht von Pixar vermittelten und wir so einen anderen Ansatz gezeigt kriegten als im Studium. Auch Tricks und kleine Geheimnisse, wie mit einem (nicht permanenten!) Marker direkt auf den Bildschirm zu zeichnen, um Abstände und Arcs sichtbar zu machen, wurden preisgegeben.

Es wurde diese Woche die pose to pose Herangehensweise bevorzugt, in der, wie der Name schon verrät, die Schlüsselposen mit allen Controllern gemacht werden. Danach fügt man die in betweens, die Zwischenposen, ein und arbeitet sich so voran.

Natürlich kam bei all der Arbeit auch der Spass und das Kaffeetrinken nicht zu kurz (;

Woche 2: Creature Walk cycle

Die zweite Woche verbrachten wir mit Lukas Niklaus, welcher gerade von Weta Digital zu Industrial Light & Magic gewechselt hat (Glückwunsch!).

Mit ihm schauten wir uns die eher realistische Seite der Walk cycles an, nämlich einen Tiger für VFX. Wir studierten viel Referenzmaterial und lernten einen anderen Ansatz als in der ersten Woche kennen: den layered approach, die “geschichtete Herangehensweise”.

Dabei geht es darum, mit dem root controller zu beginnen, und das Modell wie eine Actionfigur im Raum zu platzieren. Langsam fügt man dann eins nach dem anderen die Füsse, Hüften, Brust und Kopf dazu, bevor man schliesslich in die Details geht, wie zum Beispiel wie die Zehen auseinander gleiten, wenn der Tiger auftritt. Entsprechend waren unsere Diskussionen auch angeregt:

Vielleicht noch mehr als letze Woche war das Vermitteln vom Gewicht der Kreatur unglaublich wichtig, da ein Realitätsgrad angestrebt wird. Wenn die Pfoten des Tigers durch die Luft schweben, ist die ganze Illusion dahin. Mist.

Kurz:

Die Zeit rennt, wir animieren uns die Hände ab, haben dank Ventilatoren nicht ganz so heiss und kriegen die seltene Chance auf Feedback von äusserst grossartigen Animatoren, welche so ganz nebenbei auch noch wahnsinnig sympathisch sind. Nicht die schlechteste Art, den Sommer zu verbringen!

 

Text: Rhoda Berger
Fotos: Leoni Dietrich

Rückblick auf die Premiere!

Einen knappen Monat ist die Premiere der Abschlussfilme nun her und noch immer sind mir alle in ganz klarer Erinnerung. Der Endspurtstress hat sich gelegt, alle geniessen den Sommer. Ich möchte dies nutzen und die Premiere mit etwas Abstand kurz Revue passieren lassen.

Die letzten Tage zur Premiere hin stieg die Angespanntheit merklich: last minute wurden zum Teil noch Dinge angepasst, Frames neu gerendert. Man ist aufgeregt, teils schon etwas entspannter, weil der eigene Film schon fertig ist.

Dann kam der 27. Juni 2018, der Abend der Premiere. Auch ich war nervös, schliesslich hatte ich bei zwei Filmen viel beim Sounddesign mitgeholfen und war gespannt, wie sich dieses ins Kino übertragen lassen würde… ich will mir gar nicht vorstellen, wie es einem geht, wenn man das ganze letzte Jahr an einem Film gearbeitet hat und dies sich nun in einem Punkt kulminiert, denn die Nerven liegen da sicherlich ein Stück weit blank.

Dieses Jahr belegten wir im Kino Maxx in Emmenbrücke den grössten Saal, welcher fast bis zum Rand gefüllt wurde!

 

Hier die Trailer der Bachelorarbeiten, schaut euch unbedingt alle an!

 

Ausserdem wurden zwei Masterfilme und ein weiterer Film vorgestellt: “Lachfalten” von Patricia Wenger, “Eisnasen” von Veronica L. Montaño und Joel Hofmann, und “Coyote” von Lorenz Wunderle:

 

Im Anhang an das Screening gab es ein sehr grosszügiges Apéro, viele Gespräche wurden gehalten. Alles in allem war die Premiere ein voller Erfolg!

Nun ist es nächstes Jahr an uns, diese sehr hoch gesetzte Latte zu erreichen… Ich bin gespannt!

 

 

Text: Rhoda Berger
Fotos: Leoni Dietrich
Videos: die jeweiligen Macher

Sound-Aufnahmen mit einem Oldtimer Rennwagen

Dieses Jahr helfe ich beim Sounddesign von Number 1 mit, dem Bachelorfilm von Markus Graf und Simon Ott. Es geht dabei unter anderem um ein Autorennen in den 60er Jahren. Die beste Gelegenheit also, um tolle Rennwagensounds aufzutreiben!

Und wie es der Zufall so will, fährt der Vater von Naomi Erlich (ebenfalls im Abschlussjahr momentan) einen Kieft Bristol, Jahrgang 1953. Wir trafen uns letztes Wochenende mit Michael Erlich auf dem Flugplatz Interlaken, um dieses wunderschöne Auto zu verkabeln.

Die vorbereitung

Bevor man das Brummen des Motors aufnehmen kann, braucht es einiges an Vorbereitung: Sowohl das Equipment der Soundcrew (Thomas Gassmann und ich) wie auch der Rennwagen werden sanft und wohlbehalten an den Ort der Bestimmung gebracht. Am Flughafen Interlaken angekommen ging dann das Verkabeln los. Ein Stereomikrofon platzierten wir in der Motorhaube, um den Motor möglichst ohne Störgeräusche aufnehmen zu können. Auf die Abdeckung der Gangschaltung kam ein Kontaktmikrofon, welches das Schalten im Metall aufnehmen sollte. Hinter den Auspuff klebten wir vorsichtig ein kleines Funkmikrofon (so eins, was normalerweise für Schauspieler unter den Kleidern gedacht wäre). Es kriegte auch einen süssen winzigen felligen Windschutz gegen den Fahrtwind. Das Kabel befestigten wir mit medizinischem Tape, welches (hoffentlich) keine Rückstände hinterlässt.

Nur noch ein weiteres Stereomikrofon an einen selbstgemachten Griff schrauben, die jeweiligen Kabel einstöpseln, und bereit waren wir – nun aber erst mal tanken, denn wer rumkurven will, braucht Sprit!

Die aufnahmen

Jetzt ging es los mit Aufnehmen. Ich setzte mich mitsamt Aufnahmegerät nach Michael in den Wagen, dessen Türe nur noch pro forma vorhanden ist. Vorsichtiges Absenken in den Sitz ist also gefragt, und sich ja am richtigen Ort abstützen, um die leichte Aluminiumkarosserie nicht zu beschädigen! Mit aufröhrendem Motor düsen wir vom Flugplatz zurück nach Interlaken zur Tankstelle, ich darf gleich alle Mikrofone zusammen anhören. Klingt mächtig! An der Tankstelle sind wir für Touristen wie für Einheimische eine kleine Attraktion – “very very nice car”.

Zurück am Flugplatz dann übergebe ich das Equipment Thomas, der das handgehaltene Stereomikrofon an der Tonangel befestigt. Nun nahmen wir die Vorbeifahrten auf. Michael drehte den Zündschlüssel und liess den Motor ein paar mal aufheulen, bis er mit quietschenden Reifen davonbrauste. Vor der Abschrankung zum Flugplatz Süd, wo die Modellfliegerinteressierten ihrem Hobby nachgingen, machte er kehrt und raste an uns vorbei. Thomas schwenkte die Angel hinterher.

Nach den geraden Vorbeifahrten waren die Kurven an der Reihe. Michael kam in vollem Tempo angefahren, kurvte um Thomas und mich herum und fuhr mit qualmenden Reifen wieder weg. Schon gerade ein bisschen Adrenalin, wenn man so von einem Rennwagen umkurvt wird! Als Michael anhielt, ging Thomas mit der Tonangel näher an den Kühlergrill ran und signalisierte uns, still zu sein und zu warten. Der Motor sog noch eine kurze Weile weiter Luft an, dann fing es leise an zu knacken, als der Motor und die Karosserie sich langsam abkühlten und wieder entspannten. Ein wunderschönes Geräusch!

Anschliessend fuhr Thomas auch noch im Wagen mit, um einige Mitfahrten aufzunehmen. Schliesslich durfte auch ich noch etwas mit der Tonangel spielen und mein Glück bei einigen Vorbeifahrten versuchen. Es war schwieriger als gedacht dem Rennwagen zu folgen und die Tonangel so hochzuheben ging auch ganz schön in die Schultern… Kein Workout mehr nötig.
Als letztes nahmen wir noch auf, wie Michael die Motorhaube abschraubte und entfernte, und wie er sie wieder auf dem Auto anbrachte; kleine Geräusche mit grosser Wirkung.
Nach etwa drei Stunden hatten wir alles was wir brauchten auf Band – that’s a wrap!

und so geht es weiter

Jetzt geht es los mit Sounds durchhören, ordnen, beschriften und schliesslich natürlich editieren. Darauf freue ich mich am meisten, zu sehen wie der Film zu einem Ganzen zusammenkommt! Hier noch einen kleinen Vorgeschmack, wie dieser Wagen klingt:

Number 1 und alle anderen Abschlussfilme werden an der Premiere am 27.6.2018 gezeigt. Hier geht es zu mehr Infos zu allem rund um den Studiengang Animation an der Hochschule Luzern.

 

Text: Rhoda Berger
Bilder: Thomas Gassmann und Rhoda Berger
Video: Thomas Gassmann und Rhoda Berger