Meet the Artist on the roof? Michaela Pavlatova lässt im Interview ihren Blick auf die Animationslandschaft schweifen

22. February 2016

Meet the Artist on the roof? Michaela Pavlatova lässt im Interview ihren Blick auf die Animationslandschaft schweifen

22. February 2016

Meet the Artist on the roof? Michaela Pavlato...

Michaela Pavlatova (*1961) war letzte Woche für uns ein doppelt wichtiger Gast: Die international bekannte Animatorin aus Prag gab einerseits in einer open lecture spannende Einblicke in ihr Schaffen und andererseits für unsere Abschluss-Studierenden wichtige Inputs für ihre Graduate Filme. Animations-Student Kilian Vilim traf Michaela auf dem Dach der Schule zum Interview: 


KILIAN: In deiner open lecture betonst du mehrmals, wie man Wege finden kann, während einem Projekt Zeit einzusparen. Kann durch dieses Einsparen der Zeit und schneller Produzieren nicht die Qualität der Animationsfilme leiden? Als Gegenbeispiel nenne ich z.B alte tschechischen Trickfilmproduktionen, die vergleichsweise recht aufwendig in der Produktion waren.

MICHAELA: Wenn man zurückschaut, ist Qualität und Zeit bezüglich einer Produktion, z.B. im Kommunismus etwas ganz anderes gewesen. Die Finanzierung vom Staat gegenüber gewissen kulturellen Projekten war teilweise sehr hoch. Das waren Beträge die man heute in Tschechien und auch anderen Ländern kaum erzielen kann, bis vielleicht in Kanada. Es ist also vielleicht auch viel mehr eine persönliche Entscheidung, dass das Budget begrenzt bleiben soll. Wie viel Zeit man also in ein Projekt investieren kann und will, bleibt jedem selber überlassen. Gewisse Abläufe zu beschleunigen oder zu optimieren, hat jedoch immer etwas Gutes.

KILIAN: Du sprichst davon das du selbst oft deinen Stil wechselst und mit diversen Designs experimentierst. Was würdest du neben dem Experimentieren des Stils und des Designs, uns Studierenden noch ans Herz legen?

MICHAELA: Was ich damit meinte ist, dass man es mit einem Stil natürlich sehr weit bringen kann. Nehmen wir als Beispiel Bill Plympton, der einen sehr charakteristischen Stil hat, einen Wiedererkennungswert, der sich durch all seine Werke zieht. So etwas kann funktionieren. Es ist aber auch spannend, sich nicht an einem Stil und einer Figur festzuhalten. Als Studierende solltet ihr euch hierbei nicht zu sehr hetzen, euch Zeit lassen. Probiert Dinge aus à la „slow cooking“. Sammelt Erfahrungen und lasst euch von den verschiedensten Medien inspirieren. Das Lernen hört nach den 3 Jahren Studium nicht auf, sondern geht immer weiter, sich immer an das Gleiche zu krallen wäre ja auch für einen selbst sehr langweilig.

KILIAN: Was hat dich dazu inspiriert Animationsfilme zu machen?

MICHAELA: Eigentlich komme ich ja aus der Illustration. Das bewegte Bild kam etwas später. Ich habe irgendwann einmal, eine Super 8 Kamera in die Hand gedrückt bekommen und dann meine ersten Erfahrungen gesammelt. Zu meiner Jugend gab es das Internet noch nicht, der Zugriff auf Filme war anders als heut zu Tage. Zugang zu Filmen hatten wir dann in Ausstellungen, Retrospektiven sowjetischer Kunstschaffenden, die in Kulturzentren ihre Werke ausstellten. Geprägt hat mich aber sicherlich Priit Pärn, ein estnischer Animator aus Tallinn. 

KILIAN: Was ist dein persönliches Ziel in deinem Leben, gibt es etwas Bestimmtes was du als Animatorin bzw. Filmemacherin noch erreichen willst?

MICHAELA: Es ist eigentlich sehr selbstsüchtig. Ich liebe das Animieren einfach! Am ganzen Prozess beteiligt zu sein, an einem Film zu arbeiten, das ist für mich eigentlich schon das grosse Glück. Es ist mir aber auch wichtig, dass meine Arbeiten dem Publikum zugänglich sind und meine Filme, meine Idee, lesbar sind. Mir gefallen Projekte die eine Botschaft haben, mehr als z.B bei meinem neuen Film „Tram“. Der Animationsfilm hat eben die Möglichkeit, in 5 Minuten eine „Message“ mitzuteilen. Aber eigentlich ist das Leben ja schon kompliziert genug, Ziele? Das Leben ist da, um gelebt zu werden!

KILIAN: Du sagtest du hast dich damals in das Programm „Flash“ verliebt. Könntest du dir nochmals vorstellen, ein analoges Projekt zu verwirklichen?

MICHAEL: Ehrlich gesagt nein. Das erste Programm, das man erlernt, in das verliebt man sich für gewöhnlich auch. Der Befehl „rückgängig“, ist einfach unbezahlbar und so wahnsinnig praktisch! (lacht).Wie ich schon sagte, ist mir auch die Botschaft sehr viel wichtiger als das Bild. Die Botschaft hat für mich Priorität, das Bild steht für die gestalterische Qualität, da bin ich flexibel.

Aber sicher ist das analoge Arbeiten sehr ästhetisch, ich liebe es zu skizzieren. Sowie bei den Skizzen für „Tram“, wenn man keine Angst hat Material zu verschwenden, haben die Zeichnungen eine Lockerheit, die in einem Programm verloren gehen, das ist natürlich etwas schade.

KILIAN: Du lehrst ja sowohl in Tschechien als auch in den Staaten. Unterscheiden sich die Studierenden in ihrer Arbeitsweise, ihrem Fokus, ihrer Motivation?

MICHAELA: Ja es gibt sicherlich Unterschiede. Dort wo ich in Amerika studiere, ist Animation meist ein Kurs, also kein reiner Animationsstudiengang wie z.B in Prag. Man spürt den Druck mehr in Amerika, davon nach dem Studium davon zu Leben, sich auf dem Arbeitsmarkt durchsetzen zu müssen. Da erlauben wir uns in Europa mehr Zeit, wir haben viel mehr die Möglichkeit unabhängig zu arbeiten. In Amerika sind sie technisch sehr schnell und Ziel orientiert. Daher ist es mir wichtig sie als Dozentin auch auf andere Gedanken zu bringen. Ihnen Alternativen aufzuzeigen, ihr visuelles Denken anzuregen. Das Leben ist sehr komplex und heutzutage auch so unübersichtlich. Ich möchte den Studierenden mitgeben, dass sie sich ihr Mosaik individuell zusammenstellen und sie sich die interessanten Fragmente aus dem Leben zusammensuchen.

KILIAN: Würdest du uns etwas von deinem aktuellen bzw. zukünftigen Projekt verraten?

MICHAELA: (Lacht). Das ist seltsam, ein neues Projekt ist wie frisch verliebt sein. Es ist leidenschaftlich, aber man mag noch nicht so gern darüber sprechen. Ich kann so viel verraten, dass es ein Animationsfilmfeature, über ein Buch sein wird. Es geht um eine tschechische Frau in Afghanistan. Das Buch basiert auf ihren Erfahrungen vor Ort, ihrer Heirat, ihrer Emanzipation und ihrer Absorption innerhalb der neuen Familie. Die Sicht einer Europäerin, auf ein für mich fremdes Land und dessen Kultur. Eigentlich war das Projekt für einen Realfilm vorgesehen, ich habe das Skript gelesen und wollte dieses Projekt unbedingt in Animation umsetzen. Ich schrieb dem Produzenten und jetzt darf ich daran arbeiten, es bleibt spannend! Ich werde hierfür auch einige Studierende aus Prag teilhaben lassen, damit sie dort ihre Erfahrungen sammeln können. Ich freue mich sehr darauf!

KILIAN: Vielen Dank für das spannende Gespräch!