Studierende am Animationsworkshop in Moskau
3. December 2014
Studierende am Animationsworkshop in Moskau
3. December 2014
Moskau auf Trickfilmisch
6 Tage Moskau, 3 Tage Zeitungsfabrik, 15 internationale Animationsstudenten, davon 2 Schweizer (das sind wir, Silvan Zweifel und Frederic Siegel. Hallo.), ein paar betrunkene russische Trickfilmer, 1 U-Bahnstation mit 1000 Ausgängen und Putin.
Dank Otto Alder verbrachten wir knapp eine Woche in Moskau, als Teil eines Workshops im Rahmen des „Multfest“-Animationsfilmfestivals. All Inclusive.
Da waren wir also, in der Stadt der einsamen Hüslihocker, der nichtvorhandenen Schiebetüren und der 24-Stunden-Blumenshops. Für 6 Tage waren wir kleine, unbedeutende Blutkörperchen im Kreislauf des Molochs namens Moskau. Bereits bei der Ankunft wurden wir ungeduldig und mit Namensschild erwartet und mit bereits besorgten Tickets ins Innere der Stadt verfrachtet. Natalya, unser persönliches GPS, führte uns zielgenau zu einem riesigen Eisentor mit Schweizer Flagge. Der Schweizer Botschafter in Russland stellte uns freundlicherweise sein Gästehaus, mit gefülltem Kühlschrank, kalten Duschen und eigenem Diktatorenbürotisch zur Verfügung. Wir sagten Danke.
Nach kurzer Verschnaufpause ging es direkt weiter zur Eröffnungsfeier des Workshops, die in einem abgelegenen Kino stattfand. Wie so oft in den darauf folgenden Tagen, versuchten wir keuchend mit Natalya im Moskauer Untergrund Schritt zu halten. Im Kino angekommen, wurden wir mit Snacks und Essensgeld begrüsst. Nach einer sehr kurzen Willkommensrede wurden wir bereits in die voreingeteilten Gruppen gelotst. Zusammen mit Animatoren aus Russland, Norwegen, Israel, Polen, Moldavien und Estland mussten wir schon an diesem ersten Abend Ideen für einen 90-sekündigen Kurzfilm sammeln, der die Geschichte hinter einem berühmten Bild eines berühmten russischen Malers erzählen sollte. Jeder Gruppe wurde ein sogenannter Master zugeteilt, der die ganze Produktion leitete. Die meisten dieser Master waren schon bei unserer Ankunft angeheitert und beschwerten sich während unseren Diskussionen lautstark über den mangelnden Vodka- und Weinkonsum. Der Abend klang dann aber wirklich noch mit reichlich Alkohol (vor allem Jorsch; Bier mit Vodka) in einer Szenebeiz aus.
Dann gings los; vor uns lagen drei Tage voller spontaner Animationen und angeregten Kauderwelsch-Diskussionen. Das ganze fand in einer gigantischen Zeitungsfabrik statt, in der nebst unserem Animationsstudio auch berauchte Nichtraucherzonen, eine Kantine (die das Wort Kantine nicht verdient hat) und Katzen zuhause waren.
Die folgenden drei Tage, zusammengepfercht im kleinen Studio, waren äusserst intensiv und ein wundersames Erlebnis. Unterschiedliche künstlerische Ansichten, gebrochenes Englisch als unterhaltsame Sprachbarriere und vielerlei einzigartige Charaktere führten zu einer Reihe ebenso vielfältiger Filme, die an der Schlussfeier des Festivals einem überraschend grossen Publikum präsentiert wurden. Der Abend führte uns danach in die bereits bekannte Szenenbeiz, in welcher wir lallend „Det äne am Bergli“ zum Besten gaben und mit Micky-Maus-Zwillingen tanzten. Voller Motivation folgten wir ein paar Russen, die uns schlussendlich nur in ein 24-Stunden-Diner führten, wo wir unsere letzte Mahlzeit vor dem Rückflug zu uns nahmen.
Schlussendlich reichten die wenigen Tage kaum aus, um alle Teilnehmer gleichermassen gut kennenzulernen. Ein paar Tage mehr und man hätte auch die Stadt noch mehr erleben und entschlüsseln können. Gleichsam war es ein absurdes und unvergessliches Erlebnis, dass uns noch lange im Kopf herumschwirren wird, wie ein guter Vodka.
So verliessen wir das geschlossene System Moskau wieder, angeführt durch Natalya, eines jener unermüdlichen Blutkörperchen, die täglich die Adern dieser Grossstadt mit Leben erfüllen.