Die Überwindung des Röstigrabens mit StopMotion

4. February 2016

Die Überwindung des Röstigrabens mit StopMotion

4. February 2016

Die Überwindung des Röstigrabens mit StopMo...

Der Himmel über La-Chaux-de-Fonds ist blau und die Zugfahrt dorthin idyllisch. Die Stadt zählt knappt 40’000 Einwohner und wirkt doch an diesem Freitag Nachmittag erstaunlich ruhig. An einem solchen Tag spazieren Dominique Birrer (derzeit im Masterstudiengang Animation) und ich zur Festivallocation eines neuen StopMotion-Festivals namens “Gésticulation” (gesticulation.ch)

Das Festivalzentrum befindet sich “au LAC”. Doch La-Chaux-de-Fonds hat keinen See: Le LAC, das ist das “Labor Autogéré de Création”, ein dreistöckiges, leicht heruntergekommenes Haus am Stadtrand. Das Erdgeschoss dient sowohl als Festivalzentrum als auch als Ausstellungsraum. Wie gebannt bleiben wir erst mal vor einem unglaublich schönen Set des bekannten Kurzfilms “Monsieur L’Assassin X” von Antonio Veiras & Lynn Devillaz stehen. Dann finden wir Nathan Jucker und sein Team.

Eine sympathischere und herzlichere Runde hätte man sich ausser auf dem Jakobsweg wohl kaum vorstellen können. Es stellt sich heraus, dass dieses Festival sich aus einer handvoll Freunden aus dem Labor Autogéré und der Filmschule HEAD heraus entwickelt hat. Zum Leben erweckt hat dieses Festival hauptsächlich Nathan, der seit 12 Jahren für Events organisatorisch tätig ist, und nun Lust hatte etwas Eigenes aufzubauen. “Ich mache gerne meine Passionen zum Beruf, denn das gibt ihnen Platz in meinem Leben und lässt mich sie neu entdecken und auch vertiefen.

So hat er auch seiner Leidenschaft StopMotion Form gegeben, die ihn seit seiner Kindheit durch “Pingu” und “Wallace and Gromit” begleiten. Aber nicht nur dadurch: “Meine Mutter hatte damals ein Marionettentheater in La-Chaux-de-Fonds gegründet, eine Technik die für mich sehr nahe am StopMotion ist, da sie ebenfalls toter Materie Leben einzuhauchen vermag.

Diese Faszination für die Magie der Animation, die mal auf feinfühliger Arbeit mit Kleinteilen basiert, mal aber auch grob und lustvoll direkt sein kann, ist auch in der Programmation spürbar. Kurzfilmprogrammblöcke dominieren die Nachmittagsvorführungen, abends werden Langspielklassiker wie Jan Svankmajer’s “Alice in Wonderland” oder modernere Filme wie “Fantastic Mr. Fox” gezeigt, aber auch Masterclasses werden geboten; zum Beispiel mit dem experimentellen Filmemacher Yannick Lecoeur, der einen humorvollen und spannenden Einblick in die Entstehund seines eigenen Legetrick-Langfilms präsentierte. Die Vorführungsräume befinden sich zwei Gehminuten vom LAC entfernt in einem zweistöckigen Gebäude namens “La Machine à Truc” (“die Dingsmaschine”).

Die Hochschule Luzern – Design & Kunst durfte sich einem sehr aufmerksamen und buntem Publikum zweimal mit einem Kurzfilmblock vorstellen. Das Feedback zum Programm war durchgehend positiv und auf Fragen von einzelnen Zuschauern konnte an der eigens eingerichteten Bar eingegangen werden. Dass die Hochschule an diesem Festival präsent sein durfte, war auch keine Selbstverständlichkeit. Viele Zuschauer – und auch viele Organisatoren – waren sich der Existenz eines Animationsstudiengangs in der Deutschschweiz gar nicht recht bewusst. Der Röstigraben existiert also auch in einer so überschaubaren Branche wie der Schweizer Animationsszene!

Die kleinen Säle und die Präsenz des Organisationsteams inmitten der Gäste führte zu einer sehr familiären Atmosphäre. Nathan und sein Team ziehen denn auch eine positive Bilanz auf die diesjährige Ausgabe.

Unser Team würde gerne weiterhin diese Begegnungszonen zwischen den Organisatoren, dem Publikum und den eingeladenen Gästen aufrechterhalten“, meint Nathan in einem späteren E-Mail. “Diese menschliche Ebene geht bei den meisten anderen Events komplett verloren.”

Was wünschen sich Nathan und sein Team also für eine allfällige zweite Ausgabe? “Die diesjährige Edition hat uns gezeigt, dass das Projekt realisierbar ist, und das motiviert uns auf jeden Fall in der Zukunft einen weiteren Event zu planen”, sinniert er. “Im grossen Ganzen hat unser Verein auf jeden Fall das Ziel, die Faszination des StopMotion Films aufzuzeigen und dem Publikum zugänglich zu machen. In unserer Region und vielleicht am Ende sogar in der ganzen Schweiz.”

Jane Mumford

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